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st.rieger

Günter bewältigt einen Ironman auf einer sturmgepeitschten Insel


Ladies and Gentlemen, he's back! Günter Engelhart hat sich nach 6 (in Worten sechs) Jahren wieder über eine Langdistanz versucht. Gleich vorweg: Er hat in 12:30 h gefinished. Wenn Sie ebensoviel Zeit haben, holen sie Bier aus dem Keller, Chips aus der Küche, lehnen Sie sich zurück und genießen Sie folgenden Bericht aus erster Hand:

"Butter im Kopf“ - Das war (mein) Ironman Cork 2023:

Ich glaube, das war nicht mein letzter Ironman, entgegen aller Beteuerungen zuvor. Weil: Es war ja eigentlich kein vollständiger, da die Schwimmstrecke von 3,8km auf 1,9km verkürzt wurde. Und das kam so: Sturm „Betty“ hatte sich zwar tags zuvor aus dem Staub gemacht, aber in ihrem - haha - Windschatten zog ihr Bruder nach. Ohne offiziellen Namen, ich nannte ihn „Blasius“. Ein Wind, auch der Kategorie „Hur‘ns…“ Und auch er sorgte sonntags um 7 Uhr, also zur Startzeit, für Wellen auf der Keltischen See, die eher im Surf-Modus an Land rollten denn zum beschaulichen Triathlon-Swimming einluden und animierten. Keiner konnte sich vorstellen, bei diesen Bedingungen die ersten 1,5km gegen die Strömung zu schwimmen. Jedem war das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Ein leichtes Aufatmen ging durch die Menge, als sich der Veranstalter einsichtig zeigte und die Strecke verkürzte. So galt es „nur“ etwa 300m raus schräg gegen die Strömung zu einer Boje zu schwimmen, und dann abzudrehen und mit der Strömung Richtung Schwimmausstieg.

Mein Plan war klar: Vollgas am Sandstrand ins Meer laufen, über den ersten Wellenberg drüberspringen, und das wäre schon die halbe Miete. Die erste Welle allerdings beförderte mich gleich wieder an den Strand ins Trockene bis knapp vor die Startlinie zurück.

Plan B sah dann folgendermaßen aus: Irgendwie improvisatorisch über den ersten Wellenberg, und dann mal schauen. Nicht sehr ausgefeilt der Plan…

Letztlich gelang das mit dem Wellenberg, und dann schwamm ich wie die alten Frauen, deren frisch gelegte Dauerwelle nicht nass werden darf: Brust, und vom Kinn aufwärts alles über der Wasseroberfläche. Das hatte den ganz massiven Vorteil, dass ich die entscheidende Boje stets im Blick hatte (außer, es war grad eine Welle zwischen uns) und abschätzen konnte, ob ich ihr näher kam und ob ich auf Kurs lag. Klar waren die Krauler schneller. Nur badeten die überall und in alle Richtungen herum. Ich freute mich, dass meine Taktik so schlecht nicht war, und die Erleichterung war groß, als ich Richtung Schwimmausstieg abdrehen konnte. Zwar lagen immer noch 1,5km vor mir, aber die gingen dank der jetzt von hinten kommenden Strömung easy-cheesy. Zwei Dinge galt es zu beachten: nicht gerade atmen, wenn sich eine Welle ans Gesicht schmiegt, und schauen, dass man nicht an den Richtungsbojen vorbei“strömt“. Es war natürlich immer noch Arbeit, denn so richtige Kraulzüge waren nur selten möglich. Entweder man bekam den Arm nicht aus dem Wasser, oder man schlug, weil man gerade von einer Welle überholt wurde, ins Leere.

So kam es, dass ich die 1,9km trotz allem in einer von mir nie, nie wieder zu erreichenden Fabel-Zeit von deutlich unter 30 Minuten schaffte, und aber dennoch erschöpft in WU 1 eintraf, wo meine „Miss Orange“ schon ungeduldig und fertig aufgeputzt wartete, um auf eine 180km-Reise ausgeführt zu werden.

Beinahe aus dem Sattel hob es mich bei km 15, einer 90-Grad-Rechtskurve mit Radius = null. Ein Eck also. Meine vom Schwimmen noch leicht salzverkrusteten Finger klebten am Lenker ohne Chance, den cerebralen Bremsbefehl unverzüglich, nämlich unverzüglich, in die Tat umzusetzen. Meine Herren, verzugsbedingt brannte ich dann ein zweitöniges Not-Quietscherl in den Asphalt (ja, Vorder- und Hinterreifen blockieren akustisch unterschiedlich), und ließ ich mich dann in die Kurve fallen wie anno dazumal Valentino Rossi in seiner besten Zeit, auf die unendliche Haftung der Gummis hoffend.

Dann, keine 10km später, überholte mich einer mit einem Speed, als wäre er bei einem 5km-Einzelzeitfahren. Die nächste Bodenwelle sorgte dann dafür, dass die Schwerkräfte von Fahrrad (samt Fahrer) und jene seiner Trinkflaschen in die entgegengesetzte Richtung wirkten und selbige dann wie zwei Torpedos aus der Doppelhalterung am Sattel katapultierte. Direkt vor mein Vorderrad. Es brauchte die Entscheidung binnen Zehntelsekunden, ob rechts oder links vorbei. Die Chance, genau drüberzufahren und in weiterer Folge -fliegen war erschreckend groß, es gelang mir aber dank meiner artistischen Fähigkeiten, sie ungenützt zu lassen und weiterhin im Sattel zu bleiben. Das war‘s dann aber auch schon mit den brenzligen Situationen.

So abwechslungsreich und landschaftlich schön die Radstrecke angelegt war, so mies war ihre Oberflächenbeschaffenheit. Grober und gröbster Asphalt, viele Löcher, Rillen und sonstige Unebenheiten sorgten dafür, dass man aufs heftigste durchgeschüttelt wurde. Wäre die Gehirnflüssigkeit Milch, hätte ich nach den 180km Butter im Kopf gehabt.

Eine Enttäuschung war der viel gepriesene „Windmill Hill“ im Event-Ort Youghal. Da überwindet man eine Steigung, die der Kitzbühler Horn-Straße bzw. der Turracher Höhe schon sehr nahe kommt, um dann realisieren zu müssen, dass da gar keine Windmühle oben steht. Na, Scherz beiseite: Ja, er ist steil, der Windmill Hill. Aber er ist ein Ersatz für all jene, die es nie zur Teilnahme an der Tour de France schaffen werden/geschafft haben. Also für alle. Die Stimmung dort braucht den Vergleich mit jener bei den Alpen-Etappen des berühmtesten Radrennens der Welt nicht scheuen: Verrückte Zuschauer, die sich die Seele aus dem Leib schreien, lassen gerade mal 1,5m für die Athleten zum Fahren Platz. Irre. Einfach irre. Irrland…

In Runde 2 schon ein bisschen beinschonend unterwegs, beendete ich die 180km Radstrecke mit rund 1.700 Höhenmetern in für mich durchaus erfreulichen 6:34 Stunden mit einem Schnitt von 27,7km/h.

„Und jetzt nur noch ein Marathon“, war der mir selbst zugerufene Motivationsschub in der Wechselzone während des Schuhwechsels. Allerdings dauerte es äußerst zaache fünf Stunden und a bissl was, ehe dieses Ziel Wirklichkeit wurde. Denn ich bin diesen Marathon nimmer wirklich derrannt. Bis zur Hälfte etwa ist es noch passabel gegangen, also gelaufen, mit etwa 6min/km. Denn bei km 15 stellte sich ein seitliches Stechen ein, das aber kein Seitenstechen war. Weil echtes Seitenstechen legt lahm. Völlig. Eingeschobene Gehpausen ab km 20 ließen den Schmerz abebben, aber nur temporär. So war die dritte der vier Runden ein Gemisch aus allen möglichen Fortbewegungsarten, die mit zwei Beinen ohne Verwendung von körperlichen oder technischen Hilfsmittel möglich sind.

DNF war aber keine Option und wurde auch nie in Erwägung gezogen. Weil wer schon zehn Stunden unterwegs ist, der gibt nicht wegen noch zu absolvierender lächerlicher 20km auf. Als dann bei km 30 wieder alle Wehwehchen wie weggeblasen waren, „derzahte“ meine Ballettbeinchen nicht mehr. „Bleifuß“ bekam hier in der extended version als „Bleibein“ eine ganz neue Bedeutung.

However, ich hörte, als Vierter von 13 klassierten in meiner AK - nach insgesamt 12:30 Stunden zum zweiten Mal in meinem Leben: „Günter, you are an Ironman“, und es war genau so schön wie beim ersten Mal.

Und das vielleicht schönste Kompliment machte mir der Typ beim Bike-Checkout: „You look fit and healthy“. Entsprach nicht ganz dem Feeling, aber fast…

Ob, um den Kreis zu meinem Berichts-Einstieg zu schließen, aller guten Dinge wirklich drei sind, wird sich weisen. Jetzt heißt‘s mal „Off Season“.

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